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Eine spannende Reise nach Zürich

von Vanessa Rainer

Bereits im Sommer 2020 wurden wir von der Initiative Transition Zürich und der Sunflower Foundation eingeladen, nach Zürich zu kommen, um am jährlichen Vernetzungstreffen namens „Zürich bunt“ teilzunehmen, lokale Projekte kennen zu lernen und weitere Projekte zu besprechen. Am „Zürich bunt“ sollten wir einen Workshop halten und unsere Erfahrungen, die wir in den letzten sechs Jahren gesammelt haben, teilen. Durch die Umstände rund um Covid-19 wurde der ursprüngliche Termin für die Veranstaltung im Oktober abgesagt. Umso größer war unsere Freude, als wir im Laufe des Frühlings feststellten, dass der Ersatztermin Ende Juni tatsächlich zustande kommen wird.

So machten sich Julia, Vanessa, Lennart und Sascha am Mittwoch, den 23. Juni mit vollem Gepäck und voller Vorfreude auf, um mit dem Zug nach Zürich zu fahren. Gleich nach der Ankunft wurden wir herzlichst von der lieben Jasmin von Transition Zürich empfangen, die uns in unsere Unterkunft – die Kalkbreite – begleitete.

Ein lang ersehntes Wiedersehen und unser Buchprojekt

Am Donnerstag trafen wir uns mit unseren lieben Freundinnen und Wegbegleiterinnen Heidi und Lisa Saruj. Wir sind schon seit geraumer Zeit in Kontakt und die beiden haben uns schon einige Male in Villach besucht. Durch die Pandemie konnten wir im letzten Jahr nur über Jitsi und ähnliche Tools Kontakt halten – doch an diesem Tag war es endlich soweit. Wir haben uns wieder gesehen! Wir trafen uns am Schiff am Zürich-See und verbrachten einen Tag in Rapperswil im öffentlichen Badehaus – oder auf Schwytzer-Dütsch: im Badi.

Nach Erzählungen, was sich im letzten Jahr so alles getan hat und was uns gerade bewegt, haben wir uns zusammen gesetzt, um uns gemeinsam einen Überblick über unser gemeinsames Buchprojekt zu verschaffen. Seit etwa eineinhalb Jahren ist es am Laufen – Heidi, Saruj und unsere Mitzi haben etwa ein Dutzend Interviews mit Erdlingen zu den verschiedensten Themen, Aspekten der Bewegung und Intentionen geführt, diese transkribiert und codiert. Lisa Saruj hat auf Basis dieser Interviews ihre Masterarbeit über die Bewegung geschrieben. Wir freuen uns schon darauf sie zu lesen und vor allem schätzen wir es sehr, dass unsere politischen Zugänge, unsere Organisationsstrukturen und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen durch die Masterarbeit auch in einen wissenschaftlichen Zusammenhang gebracht werden.

Auf Basis der Interviews soll aber auch ein Buch entstehen, das unsere Bewegung beschreibt und vor allem darüber reflektiert, wie sich unsere Gemeinschaft, mit der Intention die Geldlogik zu überwinden und geldfreie Kreisläufe aufzubauen, entwickelt. Wir wurden sehr konkret: wir konnten eine Arbeitsgruppe definieren und haben noch für diesen Sommer ein Treffen in Kärnten fixiert, wo wir zusammenkommen werden, um zwei Tage lang intensiv weitere Schritte umzusetzen.

Besuche im Money Museum und im GZ Wipkingen

Am Freitag wurden wir von Heidi, Lisa Saruj und Jürg eingeladen, das MoneyMuseum Zürich zu besuchen. Nach dem Mittagessen und interessantem Austausch über Geld und die aktuellen Entwicklungen rund um Blockchain und Krypto-Währungen, wurden wir durch das Museum geführt. Wir konnten uns einen Überblick über historische Formen von Zahlungsmitteln – die unserem heutigen Verständnis von Geld nur im entferntesten ähneln – machen. Außerdem wurden wir durch die Bibliothek geführt und hier fanden wir so einige Schätze – von Büchern, die einige hundert Jahre alt waren bis hin zu gesammelten Zeitschriften, die vom Conzett-Verlag verlegt wurden. Wir hätten stundenlang in den Besonderheiten schmökern können, doch es würde Wochen, wenn nicht Monate in Anspruch nehmen, alle Werke zu durchforsten. Wir haben auch einiges an Informationsmaterial geschenkt bekommen – besonders über die Bücher von unserem Freund Eske Bockelmann haben wir uns sehr gefreut.

Danach holten wir uns die für uns reservierten Leihräder bei „Züri rollt“ und fuhren zum Gemeinschaftszentrum vom Quartier Wipkingen, wo das Vernetzungstreffen am Wochenende stattfinden sollte. Wir waren begeistert davon, wie belebt so ein Gemeinschaftszentrum – was in der Intention unseren Volkshäusern ähnelt – sein kann und wie gut es von der anrainenden Bevölkerung angenommen wird. Vor Ort waren ein riesiger Spielplatz mit verschiedenen Zonen, zwei große Veranstaltungssäle, eine kleine Cafeteria und sogar Tiere, die dort einen ruhigen Altersplatz finden. All’ das befindet sich direkt am Fluss, der besonders gut in das städtische Leben integriert ist und der zahlreiche konsumzwangsfreie Aufenthaltsmöglichkeiten bietet.

Übrigens: abends nahmen wir an der Critical Mass in Zürich teil und das war für uns ein unglaubliches Erlebnis! Etwa 5000 Teilnehmer:innen versammelten sich mit kreativsten Fahrrädern, Anhängern und anderen zwei- und dreirädigen Gestellen am Bürkliplatz und fuhren gemeinsam in einer Kolonne durch die Stadt, um ein Zeichen für bessere Fahrradbedingungen in Zürich zu setzen. Alles endete auf einer zentralen Brücke, wo die Teilnehmer:innen den Erfolg der Aktion feierten. Die Veranstaltung ist rückblickend mit Worten kaum zu beschreiben – doch eines soll gesagt sein: als wir nach Hause gingen, spürten wir unsere Gesichtsmuskeln, da wir drei Stunden lang fast durchgehend grinsen mussten. Auch das nehmen wir gerne mit nach Villach! 😉

Tauschen am Fluss und der Markt der Möglichkeiten

Am Wochenende fand nun die langersehnte Veranstaltung „Zürich bunt“ statt. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Initiative „Tauschen am Fluss“ geplant, wobei am Samstag Nachmittags Teilnehmer:innen des lokalen Tauschkreises und andere Nachhaltigkeits- und Wandelinitiativen einen Markttag im GZ Wipkingen veranstalteten. Der Markt des Tauschkreises war bunt und vielfältig und sehr gut besucht. Der Markt der Möglichkeiten, wo sich Initiativen vorstellen konnten, fand in einem gesonderten Bereich statt. Hier durften wir auch einen Informationstisch aufbauen und unsere Goodies verschenken. Besonders begehrt war das Erde-Blatt, verschiedenste Sorten an Saatgut und natürlich die beliebten Rosskastanien-Goodies. Zudem gestalteten wir auch einen Schenktisch – oder ein Schenki-Tischli – um auch die Züricher:innen mit gelebter Schenkkultur zu inspirieren. Das Schenki-Tischli wurde sehr gut angenommen und mit Stühlen erweitert. Zudem gab es am Samstag auch einen Speaker’s Corner, wo Vanessa zum Thema „Saatgut und Biodiversität“ einen Input - mit anschließendem Workshop -  gab. Wir kamen mit vielen interessanten Menschen in Austausch und freuten uns mit jeder Stunde mehr auf den darauf folgenden Tag.

Workshop und Open-Space: Eine Stadt in Bewegung

Am Sonntag war es dann soweit – unser ganztägiger Workshop über unsere Erfahrungen rund um Verantwortung Erde fand endlich statt. Unsere Julia hat die Moderation übernommen und somit den Tagesablauf koordiniert. Nach einer Begrüßung und einer kurzen Vorstellungsrunde teilte sich die Gruppe von etwa 16 Teilnehmer:innen in zwei Gruppen auf. Die einen besuchten einen Impulsvortrag zum Thema „Bewegung“, der von Sascha und Lennart gehalten wurde. Die andere Gruppe informierte sich in einem anderen Raum zum Thema „Freiraum“, der von Vanessa und Julia geleitet wurde. Nach den Inputs fanden die beiden Gruppen zusammen, informierten sich gegenseitig über die Impulse und diskutierten die besprochenen Inhalte.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen, was auch für spannende Diskussionen genutzt wurde, ging es zum Nachmittagsprogramm: einem Open-Space. Die Teilnehmer:innen waren eingeladen, selbst Themen vorzugeben, die sie mit anderen diskutieren und visionieren konnten. Drei Themen und Impulse wurden dann gemeinsam behandelt – darunter „Solidargemeinschaften gründen“, „Freiräume in Zürich gestalten“ und die Frage „Wie können wir die Dringlichkeit der momentanen Situation ohne Alarmismus kommunizieren?“. Alle drei „Räume“ waren sehr spannend. Die Gruppe hatte den ganzen Tag die Möglichkeit sich auszutauschen, sich kennen zu lernen und wir hatten den Eindruck, als wären alle inspiriert und gestärkt nach Hause gegangen. An dieser Stelle möchten wir uns nochmals herzlich für die Einladung und das wunderschöne Veranstaltungswochenende bedanken! Wir fühlen uns auch unglaublich bestärkt in unserem Tun und konnten viele Inspirationen sammeln, die wir gerne nach Villach tragen. Es tut gut zu sehen, dass sich überall auf der Welt Menschen zusammentun, um gemeinsam für eine bessere Welt zu wirken <3

Die Kalkbreite, weitere Vernetzungen und schöne Momente

Die Woche in Zürich verging so schnell und so vieles ist passiert, dass es kaum möglich ist, alles zusammenzufassen. Schon alleine beim Verfassen der Reflexion kommt unglaublich viel Freude auf. Einiges was wir vor unserer Abreise noch erlebten, wollen wir gerne mit euch teilen. Montag und Dienstag haben wir nicht im Vorhinein verplant, da wir flexibel entscheiden wollten, was wir an diesen Tagen in Zürich unternehmen wollen. Am Montag bekamen wir die Möglichkeit, an einer Führung durch die Kalkbreite teilzunehmen. Unser lieber Freund Fred, der Sascha und Vanessa schon beim letzten Besuch in Zürich die Kalkbreite zeigte, erzählte diesmal Julia und Lennart von der Vision der Nachbarschaften, einer gemeinsamen Versorgung in der Stadt und dem Ziel, Wohnraum miteinander zu teilen.

Dankbar und inspiriert von den Erzählungen ging es am Nachmittag für uns weiter, denn wir wurden von Daniel, einem der Teilnehmer:innen am Sonntag eingeladen, sein Quartier ein wenig kennenzulernen. Wir besuchten ein naturbelassenes Biotop mitten in der Stadt und beim weiteren Spaziergang konnten wir auch einen Schüler:innengarten besichtigen. Das war für uns alle interessant – doch unsere Julia war vor Euphorie kaum zu bremsen. Ihre Eindrücke und Recherchen zu dem Projekt findet ihr in einem eigenen Artikel.

Am Dienstag, den 29.06. verbrachten wir den letzten Tag in Zürich. Jasmin von Transition Zürich hat uns eingeladen, das Wohnprojekt, in dem sie wohnt – das Jupiterhaus - zu besuchen. Wir kochten gemeinsam in der großen Gemeinschaftsküche und kamen beim Essen in regen Austausch mit den Bewohner:innen. Bei der Führung lernten wir die gemeinschaftliche Organisation der Lebensmittelversorgung über eine hauseigene FoodCoop kennen. Neben dem Lebensmittellager war vor allem der Schenkraum und die Werkstatt im Keller besonders inspirierend. Nach einem Spaziergang durch den Garten, der nach den Prinzipien der Permakultur angelegt und gestaltet wird, ging es für uns zurück Richtung Kalkbreite und dem feinen Abschiedsessen mit Jasmin und Heidi.

Alles in allem war unsere Reise nach Zürich nicht nur spannend, sondern auch unglaublich bereichernd. Wir nehmen so viele neue Freundschaften, Bekanntschaften und Inspirationen mit nach Hause, dass wir es selbst kaum glauben können. DANKE für die tolle Zeit – wir freuen uns auf den Besuch unserer neuen Freund:innen aus Zürich und überhaupt auf alles, was auf uns gemeinsam zukommt <3

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